Autor : Jürgen Pilsecker

DAS ALTE LINDWEILER UND DER LINDWEILERHOF

V 0 R W 0 R T :

Die Geschichte von Lindweiler ist eng verbunden mit dem Lindweiler Hof.
Die erste Erwähnung des Hofes Lindweiler erfolgte 1276, als zugehörig des Eigelstein-Gerichts der Kölner Erbvogtei nachweisbar. Die Erbvogtei war ein Lehen des Erzbischofs von Aachen. Das Gericht des Erbvogtes auf dem Eigelstein wird aufgeführt in "Entwicklung der kommunalen Verfassung und Verwaltung der Stadt Köln bis 1396". In dem Weißtum "A" Seite 45 wird das Dorf Lindweiler 1276 erwähnt. Aufgeführt wird auch die starke Position von Longerich, dem auch die Flecken Weidenpesch, Heimersdorf, Nippes, Riehl und Niehl zugeschrieben sind.
In einer Steuerliste vom 3. April 1559 wird der Lindweiler Hof ebenfalls erwähnt.
In einer Akte über Landvermessungen aus dem Jahre 1662 wird ein "Junker Quadt" und ein "Quadt zu Buschfeld" erwähnt und 1663 wird in dem Band "Die Kunstdenkmäler der Stadt Köln" der Lindweiler Hof dem Quadt zu Buschfeld zugesprochen.
Auszüge aus dem Kölner Stadtanzeiger von 1912 "Reichsstadt Köln und ihre Vororte um 1660":
Lindweiler Hof: 3 1/4Morgen Größe mit 139 1/2 Morgen Landwirtschaft, Adeliges Gut. Besitzer: Junker Quadt zu Buschfeld.
Der Pachtvertrag war mit 20 Malter Roggen und Abgaben 8 Gulden, 2 Albus und 3 Heller geschlossen.
Aus einer Akte des Domänenbüros des Roer-Departments geht hervor, dass der Lindweiler Hof im Jahre 1805 in Besitz des Machabäer-Klosters war. Irrtümlich ordnet das Machabäer-Kloster den Besitz Bickendorf zu. Nach der Aufhebung des Klosters wird der Hof dem Grafen Lobau übergeben, der ihn an einen Helger Dorn für 9 Jahre verpachtet.
Am 01.04.1888 wurde Longerich mit den umliegenden Orten Nippes, Weidenpesch, Heimersdorf und Lindweiler nach Köln eingemeindet.
Aufgenommen und gezeichnet im Jahre 1845
Auszug aus dem Buch "Historische Stätten 111, Nordrhein-Westfalen, Seite 478/479":
Um eine größere Bevölkerungsdichte darzustellen, hat lt. topographischer Beschreibung der Königlich Preußischen Rheinprovinzen, Bürgermeisterei Longerich 1832, Lindweiler 17 Einwohner.
1925 wird der Hof von der Stadt Köln übernommen, der Pächter ist ein Heinrich Diepes.
Von 1959 bis September 1981 wohnt eine Frau Pick im inzwischen erweiterten Nordtrakt des Lindweiler Hofes.
1981 erwirbt der Schlossermeister Ulrich Both den Lindweiler Hof mit der Auflage den ursprünglichen, äußeren Zustand des Hofes bei der dringend notwendigen Renovierung und Erneuerung beizubehalten
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LINDWEILER VOR UND NACH DEM 2. WELTKRIEG

Vor und während des 1. Weltkrieges war das heutige Lindweiler westlich des Marienberger Weges Richtung Autobahn A57ein Munitionsdepot und östlich des Marienberger Weges ein Exerzierplatz.
Lindweiler gehörte zu diesem Zeitpunkt zu Longerich. Das Gelände, etwa zwischen dem heutigen Unnauer Weg Pescher Weg Kirburger Weg und Stallagsweg, wurde um 1930 in Grundstücksgrößen von etwa 2 - 4 Morgen Land an 70 Kölner Familien aufgeteilt. Das Liegenschaftsamt der Stadt Köln verpachtete diese Flächen an bedürftige Kölner Bürger, es musste ein Pachtzins bezahlt werden. Die Pachtdauer betrug im Allgemeinen 30 Jahre. Diese Familien gehörten vom Einkommen her zu den unteren Schichten im damaligen Köln. Die Größe der Grundstücke war darauf ausgelegt, daß die Familien Selbstversorger sein konnten (man denke an die große Arbeitslosigkeit in Deutschland zu dieser Zeit). Das erforderliche Material zum Bau von Holzhäusern auf dem Pachtland wurde per Holzhandwagen vom nahe gelegenen Flughafen Butzweiler Hof oder durch Demontage von alten Holzbaracken beschafft. Die Holzhäuser wurden in Eigenbau erstellt und später durch An- oder Umbauten in Mauerwerkstein ergänzt. Die Menschen in Lindweiler hatten wenig Geld, denn es gab keine Arbeit. Sie waren jedoch als Menschen recht zufrieden. Die für das tägliche Dasein erforderlichen Lebensmittel, z. B. Obst, Gemüse, Getreide und Fleisch wurden selbst erzeugt und untereinander getauscht.
Es gab viele menschliche Kontakte untereinander, häufig wurde zusammen gebacken oder auch gefeiert. Es gab regelmäßige Zusammenkünfte.
In Lindweiler gab es zu dieser Zeit keine städtische Wasserversorgung und keinen Strom.

Mit dieser kleinen Schrift über den nördlichen Kölner Stadtteil "Lindweiler" unternehmen wir den Versuch, den hier lebenden Menschen "unser Lindweiler" etwas näher zu bringen. Einige Daten und Fakten haben wir dem historischen Archiv der Stadt Köln entnommen. In Gesprächen mit älteren Einwohnern aus Lindweiler haben wir Informationen gesammelt und niedergeschrieben. Ganz besonders danken wir dem ehemaligen Besitzer des Lindweiler Hofes, Herrn Ulrich Both. Wir bedanken uns auch bei Herrn Karl Lenze und Herrn Peter Schmitz / Gärtnerei Lindweiler, die uns ältere Fotos sowie Landkarten zur Verfügung stellten. Dank auch an Herrn Karl Richter, der uns die Daten vom historischen Archiv der Stadt Köln besorgte.
Die vorliegende Schrift wurde von einem an Lindweilers Vergangenheit interessierten Laien erstellt; sie garantiert nicht die Vollständigkeit. Wir werden uns bemühen, weitere Daten und Fakten über Lindweilers Vergangenheit zu finden und zu veröffentlichen.

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Lindweilerhof
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Lindweiler 1969

Lindweiler 1956

Lindweiler1959

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Lindweiler Hof

Der Pescher Weg und der Marienberger Weg waren Sandwege, ohne Asphaltschicht. Es gab keine Straßenlaternen und auch keine Häuser rechts und links dieser Straßen. Die Bahnunterführung am Pingenweg war noch nicht vorhanden, sondern lediglich eine Bahnschranke.
Auch gab es den heutigen Longericher Bahnhof zum damaligen Zeitpunkt noch nicht. Der alte Bahnhof befand sich am Pingenweg. Das alte Bahnhofsgebäude mit den damaligen Signalanlagen und wunderschönem, alten Baumbestand kann heute noch bewundert werden. Der Longericher Bahnhof wurde erst 1934 gebaut, ebenso die Unterführung der Militärringstraße. Damit verbunden war die Verlegung der Eisenbahntrasse in Richtung Bocklemünd.
Ältere Bürger aus Lindweiler gern die "Farmer" aus Lindweiler genannt betonen in den Gesprächen immer wieder, daß sie zwar wenig Besitz hatten, aber eine schöne und zufriedene Jugendzeit in Lindweiler verbracht haben. In den 30er Jahren gab es noch keine Schule in Lindweiler, diese befand sich in Longerich und der Weg dorthin mußte täglich zu Fuß zurückgelegt werden. Weiterhin gab es in Lindweiler auch keine Geschäfte, keinen Arzt und keine Kirche. Die nächste Straßenbahn nach Köln / Zentrum fuhr von der Endstation der Linie 11, frühere Glanzstoff-Fabrik. Der Weg dorthin mußte zu Fuß oder mit dem Fahrrad (soweit vorhanden) zurückgelegt werden.
Von den Farmern' in Lindweiler wurde Ackerbau und Viehzucht sowie Gartenbau betrieben. So wurden regelmäßig frische Hähnchen, Eier, Obst und Gemüse sowie Blumen nach Köln teilweise an feste Kundschaft verkauft. Ebenso kamen fremde Leute an die Tür und kauften Obst, Gemüse, Eier, Hühner oder Pflanzen. Abnehmer war auch der Kölner Klingelpütz (Gefängnis). Trinkwasser wurde bis zum Ende des 2. Weltkrieges mit einer eigenen Handpumpe und eigenem Brunnen auf dem Pachtland gefördert.
Später wurde von einigen "Farmern" Pachtland für den Anbau von Kartoffeln und Getreide hinzugenommen. Hierzu wurde aus Esch für das Getreide eine Lohndreschmaschine ausgeliehen. Der Holzhandwagen und das Fahrrad waren ansonsten die häufigsten Transportmittel. Für die Wärmeversorgung im Winter wurde Kohle mit dem Handwagen transportiert.
In Köln-Longerich wohnten zur gleichen Zeit vergleichsweise reiche Bauern mit viel eigenem Land, auch die sonstige Bevölkerung war vermögender als in Lindweiler.
Beim Einmarsch der Amerikaner in Köln während des 2. Weltkrieges, mußten die Einwohner in Lindweiler ihre Häuser verlassen und die amerikanischen Soldaten bewohnten für einige Monate diese Gebäude.
Während des 2. Weltkrieges wurde in Lindweiler elektrischer Strom verlegt, so daß die Karbidlampen nicht mehr benötigt wurden. Sehr schwierig waren für die Lindweiler Bürger die Jahre nach dem 2. Weltkrieg, denn es gab wenig Arbeit.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde Lindweiler endlich an die Trinkwasserversorgung angeschlossen. Hierzu mußte jeder Anlieger von Hand eine bestimmte Länge des Rohrgrabens für die Wasserleitung ausheben und wieder auffüllen beginnend vom Volkhovener Weg bis zum jeweiligen Grundstück. Die Stadt hat lediglich die Leitung verlegt und bezahlt.
Nach 1945 errichtete die Stadt zwischen Unnauer und Marienberger Weg Steinbaracken, die der fliegergeschädigten Bevölkerung Notunterkünfte bot. Anfang der 50er Jahre bemühten sich 21 Familien bei der Stadt Köln um den Erwerb eines Grundstücks, zwecks Hausbau. Die 21 Interessenten mußten sich auf Geheiß der Stadt Köln zu einem Siedlungsverein organisieren. Nach der Gründung des Vereins gab es 21 Siedlungsanwärter, es waren Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten.
Der Siedlungsverein wurde am 04.07.1950 in der Gaststätte Hardenberg am Neumarkt gegründet. So mußte u. a. jede Familie 2.000 Pflichtstunden beim Hausbau leisten. Die Stadt Köln verkaufte 21 parzellierte Grundstücke für 1,50 DM/m2 für damalige Verhältnisse viel Geld, das mit einem Kredit finanziert werden mußte. Die Stadt gab ein Darlehn von 4.000,-DM, die Stadtsparkasse eine Hypothek von 3.500,- DM sowie 500,- DM als Geschenk und Starthilfe. Es mußte nach den "Städtischen Richtlinien Kleinstsiedlungsbau" gebaut werden. Das heißt, ohne Toilette im Haus es gab nur ein "Plumpsklo". So entstand zwischen dem heutigen Kirburger Weg und Langenbacher Weg der erste Siedlungsblock.
Diese 21 Familien waren Anfang der 50er Jahre das Zentrum und der Beginn des heutigen Lindweiler.
Zu Beginn gab es für die 21 Familien noch keinen Strom, kein Trink- und Abwassersystem, kein Erdgas. Licht im Haus gab es durch Teigkerzen, Karbidlampen und soweit vorhanden durch einen kleinen Generator. Die ersten 1 1/2 bis 2 Jahre nach der Fertigstellung der Häuser etwa 1952 / 1953 wurde das Wasser aus einem Handbrunnen im Garten gefördert. Danach gab es endlich Trinkwasser aus der Leitung. 1972 wurden die Häuser an den städtischen Abwasserkanal angeschlossen.
Die Aufnahme der Flüchtlinge durch die Farmer" war sehr herzlich. Zwischen den ,Ureinwohnern / Farmern« von Lindweiler und den Flüchtlingen herrschte große Harmonie. Die Ureinwohner waren sehr freundlich. Von ihnen kauften die Flüchtlinge für wenig Geld Obst, Gemüse, Getreide, Eier, Hühner, Schweine- oder Schafsfleisch. Alle 21 Flüchtlingsfamilien und die Farmer in ihren Baracken waren einfache, strebsame und fleißige Leute.
Mit dem Bau dieser ersten Siedlung entstand auch das erste Lebensmittelgeschäft in Lindweiler. Das nächste Geschäft befand sich in Longerich, ebenfalls die Schule, der Arzt, die Apotheke und die Kirchen.
Der soziale Friede in Lindweiler wurde 1955 abrupt gestört. Der Versuch der Stadt Köln, in kleinen und sehr einfachen Steinhäusern sozial schwache Familien unterzubringen, schlug gründlich fehl.
Hier entstanden im Volksmund die Ausdrücke "Mau-Mau-Siedlung" bzw. "Klein-Marokko". Die Kriminalität bis hin zum Mord war sehr groß. Erst als diese Familien in größere Mehrfamilienhäuser umziehen konnten (die kleinen Steinhäuser wurden wieder abgerissen), war die Kriminalitätsrate rückläufig. Noch heute haftet unserem Lindweiler dieser bittere Beigeschmack durch, negative Äußerungen aus der älteren Bevölkerung nach.
1958 - 1960 entstanden dann die Häuser entlang des Kirburger Weges und der jetzigen Soldiner Straße. In den 60er Jahre entstanden die Eigenheime am Krombacher - und Nisterberger Weg.
Mit dem Bau von weiteren Siedlungen verschwanden sukzessive die Farmer aus Lindweiler. Die Schulkinder mußten nach Longerich, eine Omnibusverbindung bestand nicht. Auf Initiative der Lindweiler Eltern wurde etwa 1961 / 1962 ein Schulbusverkehr eingerichtet. Mit dem Abriß der Steinbaracken ging die Bebauung in Lindweiler zügig vorwärts. Die Ortsbezeichnung wurde von Köln-Longerich in Köln-Heimersdorf geändert.
1965 wurde das soziale Zentrum Lino-Club e. V." eröffnet noch heute wichtiger Bestandteil des sozialen und auch kulturellen Lebens in Lindweiler.
Eine im Nachbarort Bocklemünd / Mengenich - freiwerdende Holzbaracke wurde in Köln--Lindweiler in eine Notkirche für die katholische Gemeinde in Lindweiler aufgebaut und am 1. Adventssonntag 1971 in Benutzung genommen. Die Notkirche erhielt die Bezeichnung "Marienkapelle". Über 9 Jahre war die Marienkapelle der kirchliche Mittelpunkt in der katholischen Gemeinde Lindweiler. Im August 1979 wurde mit dem Bau einer neuen Kirche begonnen, am 10.08.1980 war das Richtfest und am 28.06.1981 die Kirchweihe.
Die Begegnungsstätte Lindweiler der evangelischen Kirchengemeinde Köln-Pesch wurde am 15.06.1977 fertiggestellt und steht seit dem den evangelischen Christen zur Verfügung. Weiterhin wird die Begegnungsstätte für eine ganze Reihe sozialer Aufgaben genutzt.
Am 08.02.1977 beschließt der Rat der Stadt Köln, daß Lindweiler ein eigener Stadtbezirk wird.

Die Fläche von Lindweiler beträgt 1,16 qkm. Lindweiler kann sich nicht vergrößern es ist begrenzt
o im Norden durch die Schnellstraße von der Autobahn A57 nach Chorweiler
o im Süden durch den nördlichen Kölner-Autobahnring Al
o im Osten durch die Bahnlinie Köln-Neuß-Düsseldorf
o im Westen durch die Autobahn A57 Köln-Neuß-Krefeld.
Die vorhandene, bebaubare Fläche ist belegt, bebauungsfähige Baugrundstücke so gut wie nicht vorhanden.
1980 lebten in Lindweiler 4.473 Einwohner, 1990 4.076 Menschen und 1995 lebten nur noch 3.962 Einwohner in unserem Stadtbezirk. Die Bevölkerungsdichte betrug 1995 3.401 Einwohner pro qkm; diese lebten in 1.555 Haushalten.
Das Zentrum in Lindweiler ist der Marienberger Hof. Hier befinden sich ein Bäcker sowie zwei Lebensmittelgeschäfte, ein Schreibwarengeschäft sowie ein Restaurant "Haus Lindweiler' mit Bundeskegelbahn.
Gewerbetriebe haben sich an der Soldiner Straße und am Pescher Weg angesiedelt.
Seit Mitte der 70er Jahre gibt es in Lindweiler einen praktischen Arzt und einen Zahnarzt.
Es fehlen in Lindweiler auch heute noch eine Bank / Sparkasse, eine Post und eine Apothek
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